Kassel. Der Kasseler Musiker Thomas „Stolle“ Stolkmann bekam am Freitag für sein Engagement in der Suchtprävention das Bundesverdienstkreuz.
Bravo-Rufe, Standing Ovations und ein Geehrter, der nach der Auszeichnung selbst für Musik sorgt – solch eine ausgelassene Partystimmung und gleichzeitig Momente, die tief unter die Haut gingen, hat es im Kasseler Rathaus anlässlich der Verleihung eines Bundesverdienstkreuzes wohl noch nie zuvor gegeben. Oberbürgermeister Bertram Hilgen (SPD) konnte sich jedenfalls nicht an eine Feierstunde erinnern, die „so laut“ gewesen wäre, bei der die Gäste so „von Herzen applaudiert“ hätten und der gesamte Seitenflügel „kurz vorm Schwofen“ war.
Es wird ja auch nicht alle Tage so ein Mensch wie Thomas „Stolle“ Stolkmann mit dem Verdienstkreuz am Bandes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann überreichte in Auftrag von Bundespräsident Joachim Gauck dem Mann „mit Hut, Gitarre und rauer Stimme“ den Orden, der sich seit zehn Jahren für die Suchtprävention einsetzt. Seit Jahren ist Stolkmann auch Projektleiter im Förderverein „Zahnärzte und Patienten helfen Kindern in Not“. Dort hat er sich besonders bei dem im Jahre 2005 initiierten Präventionsprojekt gegen Drogen- und Alkoholmissbrauch an Kasseler Schulen sowie an Schulen im Landkreis Kassel verdient gemacht.
Stolkmann berichte vor Schülern authentisch darüber, wie seine eigene Sucht ihn fast zerstört habe. „Er begegnet Jugendlichen in vertrauensvoller Atmosphäre auf Augenhöhe, nimmt ihre Nöte und Probleme ernst. Der wesentliche Verdienst von ihm liegt darin aufzuklären, ohne zu moralisieren, ein Gesprächsangebot zu machen, auf das man sich einlassen kann“, so Kühne-Hörmann in der Laudatio.
Prompte Hilfe
Wie Thomas Stolkmann anderen Menschen geholfen hat, schilderte Peter Berninger in bewegenden Worten.
Im Jahr 2012 habe er Kontakt zu Stolkmann aufgenommen, nachdem sein eigener Sohn mit Drogen experimentiert hatte und nicht mehr wusste, wie er davon loskommen soll. „Wir waren ratlos und hilflos.“ Thomas Stolkmann habe alles stehen und liegen gelassen und sei sofort zu seiner Familie geeilt. Ihn und seine Frau habe er weggeschickt, so Berninger, und lange und intensiv mit seinem Sohn gesprochen. Der habe heute keine Drogenprobleme mehr. Stattdessen mache er mit Stolkmann Musik.
Offene Türen eingerannt
Berninger war es auch, der die Idee hatte, den Berufsmusiker für das Bundesverdienstkreuz vorzuschlagen. Damit habe er nur offene Türen eingerannt. Alle, die Stolkmann und sein Engagement kennen, seien begeistert gewesen.
Aber auch Thomas Stolkmann hatte Menschen zur Seite, die ihn in seinen schwersten Stunden beistanden. So zum Beispiel Marion Theis, die ihn in „seiner Drogenzeit“ aufnahm. „Wenn ich sie nicht gehabt hätte, wäre ich heute nicht mehr da“, sagte Stolkmann.
Sein besonderer Dank galt auch seiner Lebensgefährtin Marianne Hartmann, die ihn bei seinem Engagement, das viel Kraft koste, unterstütze. Aber es sei ja nicht so, dass er anderen helfen müsse. „Ich will das.“
Und er will Musik machen. Nachdem er den Orden an der Brust hatte, sang Stolle den Welthit von Ray Charles „Georgia on my Mind“. Der perfekte Song für diese wunderbare Party im Rathaus.